Die Erbin: Jack Brigance 2
Da John Grisham in den USA gerade sein neuestes Werk vorstellt, in dem erneut Jake Brigance mitwirken soll, dachte ich, dass es nicht schaden könnte, den Vorgänger »Die Erbin« aus dem Jahr 2014 erneut zu lesen und nun auch in schriftlicher Form zu bewerten.
●●●●●●●●●● ALLGEMEINE INFORMATIONEN ●●●●●●●●●●
Titel: Die Erbin
Originaltitel: Sycamore Row
Autor: John Grisham
Verlag: Wilhelm Heyne Verlag
ISBN: 978-3-453-26910-1
Format: Gebundene Ausgabe
Ausgabe: 2014
Genre: Roman
Seiten: 702
●●●●●●●●●● DER KAUF ●●●●●●●●●●
Ich hatte mir »Die Erbin« am 28. September 2015 gekauft.
●●●●●●●●●● DIE AUFMACHUNG ●●●●●●●●●●
Die gebundene Ausgabe aus dem Jahr 2014 ist schön gestaltet, wobei vor allem der silbrig gehaltene Schutzumschlag eine große Rolle spielt. Das 702 Seiten dicke Buch liegt, trotz seines Gewichts, gut in der Hand, die Seiten lassen sich bequem umblättern, und die Schrift hat genau die richtige Größe, um den Roman gemütlich lesen zu können. Einzig daneben finde ich das entzündete Streichholz in der Mitte, das auf den ersten Blick eigentlich gar nichts mit dem Roman zu tun hat. Meiner Meinung nach könnte man es höchstens auf einen einzigen Punkt gegen Ende des Buches beziehen, wenn es um die Hintergründe von Seth Hubbard geht. In meinen Augen sorgt es hingegen eher für Verwirrung.
●●●●●●●●●● DER AUTOR ●●●●●●●●●●
John Grisham ist ein amerikanischer Bestseller-Autor, dessen Werke bereits mehrfach verfilmt worden sind. Der ehemalige Jurist ist seit 1991 hauptberuflich als Schriftsteller tätig und schreibt vor allem im Milieu der Justiz – mit Schwerpunkt auf den Südstaaten –, doch er ist literarisch auch in anderen Gegenden der USA zuhause. 1955 in Jonesboro, Arkansas, geboren, hat John Grisham bis 1991 als Anwalt in Mississippi praktiziert. Sein Erstlingswerk »Die Jury« (1989) wurde direkt zum Bestseller. In »Die Erbin« geht es erneut um seinen Protagonisten Jake Brigance aus eben diesem Meisterwerk.
●●●●●●●●●● INHALTSANGABE ●●●●●●●●●●
Der Multimillionär Seth Hubbard wird eines Morgens von einem Mitarbeiter tot, an einem Baum hängend, aufgefunden. Er hatte Lungenkrebs im Endstadium und unermessliche Schmerzen, denen er so ein Ende setzen wollte. Trotz aller Bestürzung ob dieses dramatischen Ablebens, ist seine Familie mehr daran interessiert, dass das Testament eröffnet wird und jeder von ihnen etwas von dem stattlichen Vermögen abbekommt. Jedoch weiß keiner, dass Seth Hubbard sein Testament, kurz vor seinem Ableben, handschriftlich hatte ändern lassen. Die Familie geht leer aus, und seine farbige Haushälterin Lettie Lang erbt den Löwenanteil. Die Familie wetzt daraufhin die juristischen Messer und zieht alle Register, um den Verstorbenen postum als nicht zurechnungsfähig erklären zu lassen. Dann tritt Jake Brigance auf den Plan …
●●●●●●●●●● MEINE MEINUNG ZUM BUCH ●●●●●●●●●●
Auch wenn der Roman 2014 erschienen ist, so spielt »Die Erbin« trotz allem im Jahr 1988, drei Jahre nach dem Prozess von Carl Lee Hailey und dem spektakulären Freispruch. Jake Brigance hatte während des Prozesses sein Haus verloren, das vom Ku-Klux-Klan niedergebrannt worden war, und befindet seitdem in einem Rechtsstreit mit seiner Versicherung. Interessanterweise wird sein Name auf dem Schutzumschlag als »Jack Brigance« wiedergegeben, korrekt ist jedoch – und so steht er auch in den Romanen selbst geschrieben –: Jake Brigance.
Beachtenswert ist, dass es John Grisham nach all den Jahren sehr gut gelungen ist, seine Geschichte erneut in den 1980’er Jahren anzusiedeln. Seinerzeit waren die Verhältnisse deutlich anders als heutzutage. Es gab noch keine Handys, die Autos waren gänzlich anders als heute, und vor allem war der Rassenhass in den Südstaaten der USA damals noch sehr viel ausgeprägter als heute – auch wenn die aktuelle politische Situation in den USA dies momentan eher ad absurdum zu führen scheint. Auch waren zwanzig Millionen Dollar – das Erbe von Seth Hubbard – damals noch sehr viel mehr wert als heute. Dass zudem ein reicher, alter, weißer Mann sein Millionenvermögen einer schwarzen Hausbediensteten hinterlässt, musste in den späten 80’er Jahren natürlich zu einem Eklat führen.
Bei »Die Erbin« handelt es sich endlich einmal um einen Roman, bei dem sowohl der amerikanische Originaltitel »Sycamore Row« als auch der deutsche Titel »Die Erbin« im unmittelbaren Zusammenhang mit der eigentlichen Geschichte stehen. Ich bin auch der Meinung, dass man selbst im Deutschen den Originaltitel »Sycamore Row« hätte verwenden können, auch wenn dieser Begriff überhaupt erst auf den letzten Seiten des Romans auftaucht. Der deutsche Titel bezieht sich hingegen direkt auf die Erbin Lettie Lang, um die sich die Geschichte des Romans dreht.
»Die Erbin« ist definitiv eine direkte Fortsetzung von »Die Jury«, weswegen auch immer wieder alte Bekannte auftauchen. Neben Jake Brigance, der erneut der Protagonist in dem Roman ist, tauchen auch seine Frau Carla und ihre gemeinsame Tochter auf, ferner der Sheriff Ozzie Walls und auch der Richter Reuben V. Atlee haben ihre Auftritte sowie Lucien Wilbanks und Jakes Freund Harry Rex Vonner.
Sehr interessant finde ich, wie es später zur Schlammschlacht vor Gericht kommt. Verständlicherweise versuchen die enterbten Familienangehörigen, das Testament gerichtlich anzufechten. Es dauert allerdings rund sechshundert Seiten, ehe man endlich die Hintergründe erfährt, weshalb Seth Hubbard sein Millionenvermögen einer schwarzen Haushälterin hinterlassen und seine Kinder und Enkel enterbt hat. Der Spannungsbogen baut sich, wie bei John Grisham üblich, langsam, aber sicher, auf und wird durch die diversen Nebenschauplätze, zwischen denen immer wieder hin und her gesprungen wird, sehr kurzweilig gehalten. So geht es einige Seiten lang um Jake Brigance, dann wird plötzlich zu Lucien Wilbanks gesprungen, gefolgt von Sheriff Ozzie Walls, dann ein Sprung zu den Erben, zu einem anderen Anwalt – und dennoch wird alles nicht verwirrender, sondern all diese Nebenhandlungen laufen führen letzten Endes zu einem gemeinsamen, zentralen Punkt, der auf den – geschätzt – letzten hundert Seiten des Buches zu finden ist.
Meiner Meinung nach fesselt der Roman von Anfang an. Es ist nach meinem Dafürhalten nicht zwingend vonnöten, »Die Jury« zu kennen; jedoch erleichtert dies einem das Lesen von »Die Erbin«, da man unweigerlich immer wieder die Gesichter vor Augen haben wird sowie die Geschichte von »Die Jury« und damit einhergehende Zusammenhänge und Einflüsse.
Mit hat »Die Erbin« gut gefallen, wenn auch nicht ganz so gut wie sein direkter Vorgänger. Auf jeden Fall wird für spannende Unterhaltung gesorgt.
●●●●●●●●●● MEIN FAZIT ●●●●●●●●●●
Mit »Die Erbin« hat John Grisham einen guten, direkten Nachfolger von »Die Jury« geschaffen.